Als Erfolg wertete heute Herz-statt-Hetze-Sprecherin Rita Kunert die Tatsache, dass Pegida den zweiten Jahrestag, nicht wie gewollt, am Montag in Dresden feiern kann. Für alle wichtigen Plätze habe es bereits Anmeldungen gegeben. Pegida-Anführer Lutz Bachmann hat seine Anhänger statt dessen für den Sonntag eingeladen. Dann werden sie voraussichtlich weitgehend unbehelligt durch die Stadt ziehen. „Rauchpausen“ im Pegida-Umfeld seien nicht geplant, sagte Kunert. Zu den sogenannten „Rauchpausen“ hatte Bachmann am 3. Oktober eingeladen. Das Ergebnis prägte die öffentliche Wahrnehmung von der Einheitsfeier in Dresden. Der Streit darum, ob diese Art Versammlung von der Ordnungsbehörde der Stadt oder der Polizei hätte unterbunden werden müssen, ist noch nicht beendet. Und so erfuhr die Welt über die Einheitsfeier das, was 300 Menschen vor der Frauenkirche und der Semperoper grölten. Alles andere, wie zum Beispiel viele Forschungsprojekte aus der Wissenschaftsmeile, die weltweit zu nachhaltigen Veränderungen führen können, blieben unerwähnt.
Ringen um die passende Antwort
Seit zwei Jahren ringen Bürgerbündnisse, lose Zusammenschlüsse, manche Parteien, Gewerkschaften und die Rathausspitze um eine passende Antwort auf fremdenfeindliche Hetze in Sprechchören, auf Transparenten und vom Rednerpult. Gesprächsangebote wie der Dialog in der Kreuzkirche, die Dialogveranstaltungen der Staatsregierung oder Diskussionen mit der Landeszentrale für politische Bildung haben nicht zu einem Ende der Pegida-Bewegung geführt. Nach wie vor kommen bis zu 3.000, manchmal mehr manchmal weniger, Anhänger zu den Pegida-Demonstrationen.
Die Schwächung kommt eher von innen. Ex-OB-Kandidatin Tatjana Festerling und der mehrfache Pegida-Redner Ed Wagenveld haben sich mit dem Orgateam zerstritten. Bachmann wird selbstherrliches Agieren, ein Zick-Zack-Kurs gegenüber der AfD und letztlich auch unsauberer Umgang mit den Spendengeldern des Pegida-Fördervereins vorgeworfen. Dabei haben weder Festerling noch Wagenveld ihre eigenen fremdenfeindlichen Positionen über Bord geworfen.
Wirtschaftsflüchtling Bachmann
Bachmann ist inzwischen selbst so etwas wie eine Wirtschaftsflüchtling. Weil er in Dresden kein Auskommen mehr findet, will er sich auf Teneriffa niederlassen. Dort habe er jemanden gefunden, für den er arbeiten könne, ließ Bachmann verlauten. Reporter der Bild-Zeitung haben Bachmann, von diesem nicht bemerkt, nach dem 3. Oktober auf dem Weg in sein Asyl begleitet. Nachdem der Vermieter erfahren hat, wer da bei ihm wohnt, soll er die Wohnung nun gekündigt haben.
Immer wieder berichteten Augenzeugen in den vergangenen zwei Jahren von verbalen und handfesten Übergriffen auf No-Pegida-Demonstranten, auf Flüchtlinge, Asylbewerber oder auf Akteure verschiedener Flüchtlingsinitiativen. Kurz vor dem 3. Oktober gab es einen Brandanschlag auf eine Moschee. Unversöhnlich schallten auch die Rufe der Pegida-Gegner durch die Stadt. Mehrmals wurden Autos von mutmaßlichen Pegida-Demonstranten angezündet.
Image aufpolieren – nein danke
Das Klima bleibt vergiftet. Auch unter den Pegida-Gegnern herrscht Zwist. Immerhin haben sich einige von ihnen für den kommenden Montag auf einen Waffenstillstand geeinigt und tolerieren ihre Aktionen gegenseitig. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) lädt zum Bürgerfest unter dem Motto „Dresden zeig Dich“ vor die Frauenkirche. Die Gruppe Herz statt Hetze hat zur politischen Aktion aufgerufen und hofft, etwa 5.000 Menschen mobilisieren zu können. „Wir haben mit dem OB-Büro gesprochen“, sagte Rita Kunert von Herz statt Hetze heute. Nicht jeder Dresdner wolle zu einer politischen Kundgebung gehen. Wer sich dennoch zeigen will, sei auf dem Bürgerfest willkommen.
Hilbert hatte in einem offenen Brief zu dem Fest eingeladen. „Hetze, Schmähungen, Hass und Rassismus waren und sind keine Gesprächsgrundlage“, sagt Hilbert und fährt fort: „Wir dürfen unsere Stadt nicht in Geiselhaft von einer Gruppe wie Pegida nehmen lassen, die keinerlei konstruktiven Weg mehr beschreitet“. Auch Kunert fordert eine klare Grenze und dann erst ein Dialogangebot. „Wer Bachmann folgt, will und kann nicht mehr zuhören“, sagte sie.
Das Aktionsbündnis Dresden Nazifrei sieht das Bürgerfest kritischer. „Aktionen nur für das Aufpolieren des Stadtimage – die wird es mit uns nicht geben“, stellen die Sprecher klar. „Sollte, mit OB Hilbert an der Spitze, die breite Stadtgesellschaft aufstehen, um PEGIDA den öffentlichen Raum konstant und auf Dauer zu nehmen – dann sind wir gerne mit dabei“, heißt es weiter. Dafür würde das Bündnis auch Unterstützung anbieten.
Und so werden auch zum zweiten Jahrestag von Pegida verschiedene Botschaften von Dresden ausgehen. Welche davon die weite Welt erreichen, ist noch offen.