So wie Märchen mit „Es war einmal …“ beginnen, enthält der Beginn der Biografien Selbstständiger oft die Formulierung „….wollte ich eigentlich nie werden.“ Und so beginnt auch Grigorij Kästner-Kubschs Karriere mit dem Satz: „Eigentlich wollte ich nie Puppenspieler werden.“ Er ist es gemeinsam mit seiner Frau Randi nun seit 35 Jahren. An die Faszination seines Berufes musste er sich erst heran tasten. Dafür wirkt sie umso nachhaltiger.
Man könnte sagen, im selben Maße, wie Grigorij die Puppen führt, führten sie ihn: Ohne das Puppentheater hätte er seine Frau nicht kennengelernt, hätte kein eigenes Theater eröffnet und wäre nicht zu August, dem starken Theater gekommen.
Schon seit seiner Kindheit wollte Grigorij Schauspieler werden. Im Kindergarten hatte er seinen ersten Auftritt: Als „Kleiner Muck.“ Der Vater war Schriftsteller, Dramaturg und Maler. Im Freundeskreis umgab man sich mit Regisseuren und Schauspielern. Die Ausbildung zum Modelleur in Meißen machte Grigorij, damit er an der Schauspielschule in Berlin eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen konnte, weil ohne diese eine Bewerbung nicht angenommen wurde. Grigorij wollte auf Bühnen und vor die Kamera. Das Puppentheater sollte sich für ihn als Königsdisziplin entpuppen. Die Puppe verlangt vom Schauspieler alles, um zum Leben zu erwachen: Stimme, Körper, Geist und Seele.
Es war Hartmut Lorenz, Leiter der Fachrichtung Puppenspielkunst in Berlin, der ihn Zuhause in Pillnitz besuchte und anhand der Einrichtung des Zimmers feststellte: „Du wirst Puppenspieler.“ Grigorij erinnert sich lächelnd: „Ich hatte schon immer einen Hang zur Inszenierung.“ Als Grigorij sich endlich in Berlin bewerben konnte, kamen auf zehn freie Stellen 300 Bewerbungen. Andrang und Konkurrenz waren enorm in der seit 1972/73 neuen Fachrichtung Puppenspielkunst
Zwei Jahre, erzählt Girogorij, brauchte er, um sich „ins Puppenspiel drein zu finden“, sich einen Bezug zu erarbeiten. „Ich kam mir blöd vor“. Aber er war an der Schauspielschule – und wurde vom DDR-Fernsehen entdeckt. Mit Erwin Geschonneck spielte er in „Das alte Modell.“ Und übte sich weiter an den Puppen. Nach drei Jahren wurde er ins berufliche Wasser geworfen und stellte fest: Am Ende der Ausbildung ist man zuerst einmal ein Nichts. Sein erstes Engagement bekam er in Chemnitz, damals Karl-Marx-Stadt, am städtischen Puppentheater. Grigorij freute sich: Er bekam als Frischling ausschließlich Hauptrollen! Bis er am eigenen Leib erfuhr, was es heißt, große Puppen allabendlich über Stunden zu bewegen. Puppentheater ist ein Knochenjob.
Aus Chemnitz kam Grigorij zurück nach Dresden. Er arbeitete am städtischen Puppentheater in Pieschen und war Künstlerischer Leiter einer Amateurtheatergruppe. Hier lernte er die Kindergärtnerin Randi kennen und lieben. Gemeinsam wollten sie ihre Leidenschaft für das Puppenspiel selbst in die Hand nehmen. Als Diplomiertem war Grigorij die Selbstständigkeit in der DDR möglich. Randi arbeitete ab 1983 offiziell als seine Assistentin, bis sie 1986 ihre Bühnenreife erlangte und ihren Berufsausweis erhielt.
Gemeinsam gingen sie einer Einladung folgend nach Hagen und bauten dort nach über zehn Jahren mobilen Puppentheaters in Dresden unter dem hohenHOFtheater / FIRLEFANZ eine feste Spielstätte auf. Siebzehn Jahre lang florierte die Kunst, bis 2008/2009 der Stadt die finanziellen Mittel ausgingen. Das Puppentheater wurde abgerissen und FIRLEFANZ kam zurück ins Elbtal. Das Domizil in Pieschen wirkt „als sei’s dafür gemacht“: Ein steinernes Portal, enge Gänge, holzvertäfelte Decken. In seiner Altehrwürdigkeit nahezu faustisch.
Das Spektrum des Theaters August ist breit. Mimenbühne, Themenabende, Stücke für Erwachsene, Kinderpuppentheater. Für Grigorij liegt die Faszination des Puppentheaters in der Variation, den schier unendlichen Möglichkeiten des Ausdrucks in der Kombination von Objekt und Mensch, der selbigem Leben einhaucht. „Verlebendigung“ nennt es Grigorij, der Meister der Puppen und spricht mit den Händen aus, was Worte über den Zauber des Puppenspiels nicht auszudrücken vermögen.
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