Elf Jahre nach dem Verkauf der Woba Dresden steigt die Stadt Dresden wieder in den kommunalen Wohnungsbau ein. Der Stadtrat beschloss gestern mit den Stimmen von Linke, Grünen und SPD die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft GmbH & Co. KG. An der endgültigen Namensfindung für die Gesellschaft sollen die Dresdner Bürger beteiligt werden. Die Gesellschaft hat den Auftrag, bis 2019 rund 800 Wohnungen zu errichten. Ob darüber hinaus weitere Wohnungen gebaut werden können, hängt vor allem von der Fortsetzung der Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch den Freistaat ab, aber auch von den zur Verfügung stehenden Grundstücken und den Prioritäten in den künftigen Haushaltsbeschlüssen der Stadt.
Der Stadtrat hatte die städtischen Stesad bereits 2016 beauftragt, mit der Planung von Sozialwohnungen zu beginnen. Dafür wurden 12 Grundstücke ermittelt. Die Fläche reicht für den Bau von etwa 500 Wohnungen. Die Kaltmiete soll bei 5,85 Euro pro Quadratmeter liegen. Der Stesad wird in dem Stadtratsbeschluss auch künftig als Dienstleister bei der Projektsteuerung eine wichtige Rolle zugeschrieben.
Rot-Grün-Roter Streit um künftige Rechtsform
Vor dem Beschluss hatte es im Stadtrat noch einmal eine heftige Debatte um das Für und Wider der rot-grün-roten Pläne gegeben. Bemerkenswert war, dass die Kooperationspartner ihre Differenzen um die künftige Rechtsform der Gesellschaft nicht im Vorfeld ausräumen konnten. Die SPD-Fraktion bestand auf der GmbH als Rechtsform, konnte sich damit in einem komplizierten Abstimmungsmarathon jedoch nicht durchsetzen. Außerdem sorgte dies für heftige Verstimmung bei Linken und Grünen. „Wir sind natürlich enttäuscht, dass das kommunale Wohnungsunternehmen nicht in der Rechtsform der GmbH gegründet wird, die wir langfristig als wesentlich leistungsfähiger angesehen hätten“, erklärte Fraktionschef Christian Avenarius nach der Debatte und betonte, dass die Fraktion immer gesagt habe, „auch eine Gründung in Form einer GmbH & Co. KG als zweitbester Lösung mitzutragen“. Linke-Fraktionschef André Schollbach hatte die Position der SPD kritisiert und erklärt, „auf diese Weise kann man eine Großstadt nicht verantwortungsbewusst regieren“. Grünen-Fraktionsvorsitzender Thomas Löser betonte, dass die Gesellschaft nicht für die Parteien, sondern für die Bürger gegründet werde. Die Grünen hätten darum die Bildung eines Mieterbeirates, den Bau nach ökologischen Kriterien und eine verlängerte Bindungsfrist durchgesetzt.
Scharfe Kritik von CDU, FDP und AfD
Erwartungsgemäß kam aus den Reihen von CDU, FDP und AfD scharfe Kritik. Ingo Flemming, wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, warf Rot-Grün-Rot vor, das Thema soziale Wohnungspolitik „mit dem Tunnelblick auf die Woba-Gründung zu betreiben“. Die Werkzeuge, um für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, seien deutlich vielfältiger. Schließlich würde die neue Gesellschaft zunächst nur 800 Wohnungen bauen, zu wenig, wenn 20 Prozent der Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hätten. Jörg Urban von der AfD-Fraktion betonte, dass die Privatwirtschaft „deutlich effektiver baut als ein kommunales Unternehmen“ und bezweifelte, dass die Gesellschaft mit einem Bestand von 800 Wohnungen „eine preismindernde Wirkung auf dem Dresdner Mietwohnungsmarkt erzielen wird“. „Was sie hier machen, hat es nicht mal in der DDR gegeben“, kritisierte Holger Zastrow von der FDP/FB-Fraktion das Vorhaben, preiswerten Wohnraum auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. So würden reine Quartiere für sozial Schwache geschaffen, sagte Zastrow. Sein Fraktionskollege Thoralf Gebel prophezeite, dass das Vorhaben „zu einem Millionengrab für die Stadt wird“.
Der Beschluss, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, wurde im August 2015 im Stadtrat gefasst. Die rot-grün-rote Mehrheit wollte damit vor allem sicherstellen, dass für besondere Bedarfsgruppen, insbesondere einkommensschwächere Haushalte, Familienhaushalte und Menschen mit Behinderungen ein ausreichendes Angebot an bezahlbarem Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Sie reagierte auch auf die Bevölkerungsentwicklung in der Stadt.
59.2000 Dresdner Haushalte mit geringem Einkommen
Im Zeitraum von 2010 bis 2015 hatte sich die Zahl der Einwohner um 31.600 auf 548.800 erhöht. Prognosen gehen davon aus, dass deren Zahl 2030 auf 585.000 oder mehr ansteigen wird. Während die Zahl der Haushalte um 16.200 zunahm, wurden im gleichen Zeitraum nur 2.600 Wohnungen mehr zur Verfügung gestellt. Der Leerstand liegt nach Angaben der Stadtverwaltung bei derzeit 2,5 Prozent.
Die Nachfrage nach preiswerten Wohnraum kommt vor allem von Haushalten mit einem geringen Einkommen. Laut Statistik sind dies in Dresden etwa 59.200 oder 20 Prozent aller Haushalte. Davon sind rund 51.000 Ein- und Zweipersonenhaushalte und 3.600 Vier- und Fünfpersonenhaushalte. Entsprechend soll die neue Gesellschaft vor allem kleine und große bis sehr große Wohnungen bauen. Mit dem sozialen Wohnungsbau auf über die gesamte Stadt verteilten Grundstücken wollen die Kooperationspartner der Konzentration auf wenige, überwiegend im Vonovia-Bestand befindliche, Standorte entgegenwirken.
Name und Geschäftsführer bis Herbst 2017
Voraussichtlich im Herbst 2017 werden die Prüfungen des Stadtratsbeschlusses durch die Finanzbehörden und die Landesdirektion bageschlossen sein. Dann kann die formale Gründung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft vollzogen werden. Bis dahin muss der Name der Gesellschaft gefunden sein. Auch über die Ernennung der Geschäftsführer muss bis dahin eine Einigung erfolgen.