Stadtteilstammtisch Pieschen: Bürgerbeteiligung zur Gebietsentwicklung Alter Leipziger Bahnhof

Der Verein Pro Pieschen sowie das Akteursnetzwerk Leipziger Bahnhof laden am 11.05.2022 zu einer Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung zur Gebietsentwicklung Alter Leipziger Bahnhof ein. Sie findet im Stadtteilhaus EMMERS, Bürgerstraße 68, statt und beginnt um 18:30 Uhr. Beide Organisationen sind in dem Beteiligungsprozess der Stadtverwaltung zur Entwicklung des Areals um den Alten Leipziger Bahnhof (Masterplan Nr. 786.1 Leipziger Vorstadt) als Akteure der Stadtgesellschaft vertreten.
Am kommenden Mittwoch soll einer breiten Öffentlichkeit, insbesondere auch den benachbarten Stadteilen Pieschen und Neustadt die Möglichkeit gegeben werden, den Beteiligungsprozess für die Entwicklung des Areals Leipziger Vorstadt weiter mit verfolgen zu können. Die Ergebnisse des ersten von der Stadtverwaltung eingerichteten Begleitgruppentreffens am 01.04.2022 werden durch Pro Pieschen und das Akteursnetzwerk vorgestellt.
„Als Vertreterin des Pro Pieschen e.V. in der Begleitgruppe zur Entwicklung der Leipziger Vorstadt möchte ich den durch die Stadt initiierten Beteiligungsprozess für die Öffentlichkeit transparent machen“, stellt die Vereinsvorsitzende von Pro Pieschen, Heidi Geiler, das Ziel der Veranstaltung vor. „Dazu wollen wir von dem ersten Treffen der Begleitgruppe am 01.04.2022 und dem Stand der Diskussionen dort berichten. Nach wie vor steht zur Diskussion, welche Rolle das Areal um den Leipziger Bahnhof zukünftig für die Stadtgesellschaft der angrenzenden Stadteile Pieschen und Neustadt spielt. Wie kann ein neuer zukunftsfähiger Stadtteil in ihrer direkten Nachbarschaft aussehen?“
Anmeldungen zur Veranstaltung sind bis zum 11.05.2022, 15 Uhr, an info@propieschen.de zu richten. Das Tragen einer FFP-2 Maske wird empfohlen.

Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Gebiets am Alten Leipziger Bahnhof beginnt

Der Verein Pro Pieschen und das Akteursnetzwerk Leipziger Bahnhof wollen die Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Areals am Alten Leipziger Bahnhof auf eine breite Basis stellen. Zum Netzwerk gehören Akteure aus der Kultur und Kunst, Wohnrauminitiativen, Stadtplaner, Architekten – aus Pieschen zum Beispiel der Geh8-Verein und der Zentralwerk e.V.. Das Netzwerk wird in der von der Stadt gebildeten Begleitgruppe zur Zukunft des Alten Leipziger Bahnhofes mit vier Akteurinnen und Akteuren vertreten sein.

Bevor sich die 48-köpfige Begleitgruppe am 1. April zum ersten Mal trifft, beginnt jetzt ein breit angelegter Meinungsbildungsprozess. „Als Vertreterin des Pro Pieschen e.V. in dem städtischen Begleitprozess möchte ich mich mit den Einwohnerinnen und Einwohnern zur Entwicklung dieses Gebietes austauschen“ stellt die Vereinsvorsitzende von Pro Pieschen, Heidi Geiler, das Ziel der Veranstaltung vor. Dabei soll es um die Rolle gehen, die das das Areal um den Leipziger Bahnhof zukünftig für die Stadtgesellschaft der angrenzenden Stadteile Pieschen und Neustadt spielen soll. „Wie kann ein neuer zukunftsfähiger Stadtteil in ihrer direkten Nachbarschaft aussehen?“ Die Antworten auf diese Frage, die Ideen der Einwohnerinnen und Einwohner wolle man in einer ersten Diskussion ermitteln.

Zusammensetzung und Aufgaben der Begleitgruppe. Quelle: dresden.de

Darum laden Verein und Akteursnetzwerk zu einem Stadtteilstammtisch Pieschen ein. Er findet am 21. März um 19.30 Uhr im Stadtteilhaus Emmers statt. An diesem Abend soll einer breiten Öffentlichkeit, insbesondere auch den benachbarten Stadteilen Pieschen und Neustadt die Möglichkeit gegeben werden, den Beteiligungsprozess und das Areal Leipziger Vorstadt kennenzulernen und über dessen zukünftige Entwicklung zu diskutieren.

Die Stadtverwaltung will in den kommenden anderthalb Jahren eine Vorzugsvariante für die städtebauliche Zukunft des Areals am Alten Leipziger Bahnhof entwickeln. Das rund 27 Hektar große Gebiet befindet sich zwischen der Leipziger Straße, Eisenbahnstraße, Erfurter Straße und den parallel zur Großenhainer Straße verlaufenden Bahngleisen. Die 48-köpfige Begleitgruppe soll ein Kernelement der breiten Beteiligung sein

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Service:

WAS: Stadtteilstammtisch Pieschen – Bürgerbeteiligung zur Gebietsentwicklung Alter Leipziger Bahnhof
WANN: 21. März, 19.30 Uhr
WO: Stadtteilhaus EMMERS, Bürgerstraße 68
ANMELDUNGEN: bis zum 21.03.2022, 15 Uhr, an info@propieschen.de

Es gelten die zum Zeitpunkt der Veranstaltung gültigen Corona-Regeln. Unabhängig davon gilt die Pflicht zum Tragen einer FFP-2 Maske.[/box]

Alter Leipziger Bahnhof – Was wäre, wenn…?

Verlassen steht er da – und ziemlich verfallen: Der Alte Leipziger Bahnhof in der Leipziger Vorstadt. Ursprünglich sollte hier mal ein Globus-Markt errichtet werden, diese Pläne haben sich jedoch Anfang vergangenen Jahres zerschlagen.

Das heruntergekommene Areal befindet sich zwischen der Leipziger Straße und dem Bahnhof Dresden-Neustadt und hat sich über die Jahre in einen lost place verwandelt. Dieser lockt nicht nur Spaziergänger an, sondern ebenso talentierte Skateboarder und junge Leute, die vor den Graffiti für Bilder posen.

Doch der Ort hat Potenzial und genau das will das „Handbuch zum Weiterdenken“ von Felix Greiner-Petter, Thomas Neumayer, Lennart Senger und Manuel Bäumler vermitteln. Im Jahr 2019 fand im Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) im Dresdner Kulturpalast eine Ausstellung statt: „Inspirationsort. Alter Leipziger Bahnhof Dresden. Was wäre, wenn…?“. Getreu diesem Motto entstand das liebevoll gestaltete „Handbuch zum Weiterdenken“, welches eine Kombination aus Lehrbuch und Leitfaden zum städtebaulichen Entwerfen ist.

Buchcover.

Die Publikation vereint einführende Textbeiträge der Kuratoren und beteiligten Akteurinnen und Akteuren der Ausstellung und anschließenden Podiumsdiskussion, sowie Illustrationen zum Ort und seinen Möglichkeiten. Ein herausnehmbares Faltposter – wunderschön gestaltet – rundet die Lektüre perfekt ab. Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, wobei sich jedes Kapitel einem Begriff widmet.

Suchen

Den Anfang macht das Kapitel „Suchen“. Verlassene Ecken oder Baulücken zu finden, steht am Anfang eines jeden städtebaulichen Wettbewerbs. Diese Orte wecken nicht nur die Fantasie der Planer*innen, sondern auch die der breiten Öffentlichkeit, weswegen sich nicht nur Architekten fragen „Was wäre, wenn…?“

Entdecken

Im darauffolgenden Abschnitt werden die komplexen Eigenschaften des Gebietes um den Alten Leipziger Bahnhof beleuchtet. Die hübsch gestalteten Abbildungen und räumlichen Karten der Diplomandinnen und Diplomanden machen nicht nur auf das Potenzial und die besondere Lage des Areals aufmerksam, sondern auch auf Probleme.

Eine von vielen Skizzen.

Dabei lassen sie es sich nicht nehmen, den Leserinnen und Lesern von ihren individuellen Entdeckungstouren zu berichten. So sei ein Spaziergang auf dem Bahndamm in Richtung Neustadt empfehlenswert, da „auf den Gleisen kaum Verkehr ist. Ein klasse Ort für Abenteuer“.

Von den Gleisen aus könne man die traumhafte Skyline der Altstadt sehen und die Lärmanalyse einer Studentin ergab, dass es hinter den ehemaligen Bahnsteigbereichen keine unangenehmen urbanen Geräusche mehr gibt. Dadurch ist das Gebiet ein „Ort der Stille, welcher nur im Frühling durch die Hochstimmung der Avifauna durchbrochen wird.“ (Als Avifauna werden alle in einer Region vorkommenden Vogelarten bezeichnet – L.L.)

Andere Kommentare lassen beim Lesen schmunzeln und so gibt es anscheinend zwischen zwei Bahndämmen einen „last Baum standing“, nach dem man auf dem nächsten Spaziergang Ausschau halten kann.

Es folgen einige spannende Statistiken, wie beispielsweise über das Durchschnittsalter der Dresdner Einwohner (das liegt in der Altstadt interessanterweise, jedoch nicht weiter überraschend, knapp 13 Jahre über dem der Neustadt) und dem öffentlichen Freiraum nach Stadtteilen, welcher in Leuben und Pieschen mit Abstand am kleinsten ist.

Außerdem wird auf die Flora und Fauna des Gebietes hingewiesen, ein Gedicht von 1838 beschreibt die erste Dampfwagenfahrt in Dresden. Passend dazu erfahren die Leserinnen und Leser anhand eines Zeitstrahles und Grafiken mehr über die Geschichte des Alten Leipziger Bahnhofs.

Geschichte des Alten Leipziger Bahnhofs.

Daneben wurden während der Ausstellung die Besucher interviewt. Diagramme zeigen dabei die statistische Verteilung der Meinungen, beispielsweise ob sich diese vorstellen könnten, in dem Gebiet des Alten Leipziger Bahnhofs zu wohnen und wie zufrieden sie mit den Mitsprachemöglichkeiten in Dresden sind (Spoiler: sehr unzufrieden). Das waren jedoch nur zwei von vielen wirklich interessanten Statistiken. Außerdem verdeutlicht eine grafische Wortwolke, welche Begriffe in den Notizen der Ausstellungsbesucher am häufigsten auftauchten.

Je häufiger der Begriff genannt wurde, desto größer das Wort.

Am Ende des Abschnitts finden sich Zitate von Besuchern, welche einfallsreiche, aber auch teilweise provokante Hinweise, Vorschläge und Wünsche bezüglich des Ortes äußern.

Probieren

Im dritten Kapitel zeigen Studierende ihre Überlegungen zu der Brachfläche in Projekten, welche abgesehen von verschiedenen Darstellungs- und Bearbeitungstiefen, eine Gemeinsamkeit aufweisen: Alle zeigen unterschiedliche Ideen und Leitbilder für denselben Ort.

Es ist spannend zu sehen, wie jeder studentische Beitrag den Alten Leipziger Bahnhof anders interpretiert und die städtebaulichen Motive dadurch variieren.

Entwurf eines Studierenden.

Kreativität kennt keine Grenzen und so entstehen in den Projekten urbane Stadtquartiere mit Gastronomiebetrieben, ruhige Stadtoasen, ein klimaneutrales Viertel und vieles mehr. Abgerundet werden die Projekte durch greifbare Bilder und Skizzen, die einem das Entwicklungspotenzial des Areals vor Augen führen.

So könnte das Gebiet in Zukunft aussehen.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich die detaillierten Projekte wunderbar als Diskussionsgrundlage für einen gemeinwohlorientierten Städtebau eignen.

Zeigen

Der folgende Abschnitt bündelt die Impressionen der Ausstellung 2019. Eine Vielzahl von Modellen, Bildern mit Eindrücken des Leipziger Bahnhofs, Hörbeiträge, wie ein akustischer Rundgang im Bahnhofsquartier sowie ein großformatiges begehbares Luftbild des Areals vereinfachen das komplexe Thema. Diese multimediale Vermittlung ermöglichte Fachfremden Mitsprache und Beteiligung.

Das Kapitel gibt Einblicke in die Ausstellung.

Das Handbuch lässt die Leserinnen und Leser diese Ausstellung erleben und obwohl man auf Hör- und Videobeiträge verzichten muss, bekommt man einen sehr guten Eindruck.

Reden

Das vorletzte Kapitel dreht sich um eine Podiumsdiskussion. Diese wurde von der Bürgerinitiative „Wohnen am Leipziger Bahnhof“ initiiert und trägt den Titel „Wer bestimmt eigentlich wie wir wohnen? – Akteure im Gespräch“. Das abgedruckte Gespräch zeigt anschaulich die jeweiligen Absichten und Spielräume der eingeladenen Akteur*innen, aber auch die Grenzen der Stadtplanung.

Die Podiumsteilnehmer.

Manuel Bäumler ist der Meinung, dass man am Alten Leipziger Bahnhof „einfach ein gutes Stück Land entwickeln kann“ und Regionalplaner Fritjof Mothes bringt es mit seinem Schlusswort auf den Punkt: „Miteinander Reden ist das Beste“.

Entwickeln

Der letzte Abschnitt sucht nach einem Ausblick für den weiteren Planungsprozess und beleuchtet Zukunftsszenarien. Dabei beschreibt die Publikation sechs prägnante Entwicklungsphasen, welche das Einbeziehen verschiedener Akteur*innen gemeinsam haben.

Diese werden übersichtlich auf einer Seite des doppelseitigen Faltposter dargestellt – auf der anderen Seite ist das Gebiet des Alten Leipziger Bahnhofs abgedruckt. Ein kurzes Glossar mit Fachbegriffserklärungen für Laien rundet die Publikation ab.

Poster und Buch.

Das Buch lässt sich auch ohne städtebauliche Vorahnung gut lesen, die Kapitel sind für Fachfremde sehr verständlich erklärt und obendrein ist es wunderschön illustriert. Man merkt als Leserin, wie viel Liebe in das Handbuch und seine Gestaltung gesteckt wurde und es macht Lust darauf, den Alten Leipziger Bahnhof mit anderen Augen zu erkunden und sich zu überlegen, was dort entstehen könnte.

Das Potenzial der Fläche ist enorm und die Fragen des Handbuchs schwirren einem im Kopf herum: „Wer entscheidet eigentlich, wie wir wohnen?“ und „Warum wird diese Fläche nicht anders genutzt?“

Natürlich ist es Ansichtssache, was mit dem Gebiet passieren soll und die Skateboarder würden sich sicherlich nicht über den Abriss des Alten Leipziger Bahnhofs freuen. Kürzlich meinte ein Mitarbeiter aus der Stadtplanung  im inoffiziellen Gespräch, dass es schade wäre, wenn die dortige Skate-Kultur einfach verloren gehen würde.
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Weitere Infos über den Alten Leipziger Bahnhof

Berichte und Hintergründe zur Auseinandersetzung um die Globus-Ansiedlung [/box]

Pläne für Jüdisches Museum am Alten Leipziger Bahnhof

„Die Idee eines jüdischen Museums am Alten Leipziger Bahnhof würde ich voll unterstützen“, sagte Christian Helms von der Initiative „Wohnen am Leipziger Bahnhof“. Es sei wichtig, so Helms, dass das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gräueltaten auch an authentischen Orten erfolgen könne. Die noch bestehenden Gleisanlagen und das Empfangsgebäude seien solche Zeitzeugen. Am vergangenen Wochenende hatte der Beauftragte für das jüdische Leben in Sachsen, Thomas Feist, über Verhandlungen mit dem Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zur Nutzung des Alten Leipziger Bahnhofs als jüdisches Museum berichtet. In der Onlineausgabe der „Jüdischen Allgemeine“ erklärte er, dass sich bereits seit 2014 ein Verein für die Idee eines Jüdischen Museums engagiert. Seit 2019 „wird konkret über den Alten Leipziger Bahnhof als Standort nachgedacht“, erklärte Feist und fügte hinzu. „Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, hängt von der Unterstützung durch den Dresdner Stadtrat ab.“

Gedenktafel Deportationen Alter Leipziger Bahnhof
Seit 2001 erinnert die Gedenktafel am Bahnhof Neustadt an die Deportationen der jüdischen Bevölkerung. Foto: J. Frintert

Da Globus am Leipziger Bahnhof nicht zum Zuge kommt, sind entsprechende Überlegungen inzwischen deutlich mehr als nur Wunschdenken. Der geplante SB-Markt soll an einem anderen Standort – auf einem Areal zwischen der Bremer Straße 25 und der Hamburger Straße 12 – errichtet werden. Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) hatte angekündigt, nach Klärung aller noch offenen Grundstücksfragen die Öffentlichkeit zu informieren.

Christian Helms ist Architekt und hat bis zur Kommunalwahl 2019 für die Grünen im Stadtbezirksbeirat Pieschen gesessen. Immer wieder hat er in der Vergangenheit daran erinnert, dass der Alte Leipziger Bahnhof eine wichtige Rolle bei der Deportation der jüdischen Bevölkerung in Gettos oder Vernichtungslager gespielt hat. Seit 2001 erinnert am Bahnhof Neustadt eine Tafel an diese Ereignisse.

Globus Alter-Leipziger-Bahnhof-Lokschuppen ohne dach
Vor dem ehemaligen Lokschuppen sind Bahnsteige und Gleisanlagen noch sichtbar. Foto: W. Schenk (2014)

Dort steht: „Im Nationalsozialismus war der Güterbahnhof Dresden-Neustadt Ausgangspunkt oder Zwischenstation für viele Deportationen von jüdischen Frauen, Männern und Kindern. Im Oktober 1938 begann hier die Abschiebung von 724 Dresdner Juden nach Polen. Mit Zügen der Deutschen Reichsbahn erfolgte zwischen 1942 und 1944 ein großer Teil der Transporte in die Gettos Riga und Theresienstadt, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau sowie in andere Konzentrationslager“.

In einem Aufsatz, den Helms 2017, einen Tag vor dem 13. Februar veröffentlicht, schreibt er: „Der westlich vom Bahnhof Dresden-Neustadt gelegene Güterbahnhof Dresden-Neustadt ist ein eigenständiger Bahnhof. Von ihm fuhren bis zur Fertigstellung des heutigen Bahnhofs Dresden-Neustadt die Züge nach Leipzig ab. Er wird deshalb auch als Alter Leipziger Bahnhof bezeichnet.

Als sich von ihm am 8. April 1839 der Festzug zum Dresdner Bahnhof in der führenden Messe- und Handelsstadt Leipzig in Bewegung setzte, schrieb er Eisenbahngeschichte. Die erste Ferneisenbahnstrecke Zentraleuropas war eröffnet.

Christian Helms hat den Alten Leipziger Bahnhof auch selbst gezeichnet. Das Bild stammt von 2012.

Dass hundert Jahre später vom gleichen Bahnhof jüdische Bürger in die Todeslager deportiert wurden, erfuhr die Öffentlichkeit erst durch die Gedenktafel am Bahnhof Dresden-Neustadt. Weder der nationalsozialistischen Durchhaltepropaganda in den letzten Kriegswochen noch den DDR-Ideologen im Kalten Krieg passten diese Vergangenheit zu dem von ihnen gepflegten Mythos von der ‚unschuldigen Kulturstadt‘ Dresden, die noch kurz vor Kriegsende Opfer ‚barbarischer‘ Luftangriffe der Engländer und Amerikaner wurde.“ Weiter schreibt Helms. „Der Mythos von der unschuldigen Stadt, aber auch das Verschweigen historischer Tatsachen erleichtert es den neuen Nazis, die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 als ‚Bombenholocaust‘ zu bezeichnen.“ Ohne die von den Nazis und ihren „willigen Vollstreckern“ begangenen Verbrechen – in den von ihnen besetzten Ländern Europas, aber auch in Dresden – hätte es diesen tragischen 13. Februar nicht gegeben, betonte Helms.

Globus SB Markt nicht am Alten Leipziger Bahnhof – alternativer Standort gefunden

Die Suche nach einem alternativen Standort für die Globus SB-Markt ist abgeschlossen. Sie hat „zu einem Vorzugsstandort geführt“.  Das teilte Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) heute mit. Am neuen Standort müssten noch „abschließende Klärungen mit den Grundstückseigentümern erfolgen“, heißt es in der von Schmidt-Lamontain unterschriebenen Beschlusskontrolle.

„Mit dem Unternehmen Globus sei vereinbart worden, dass bis zum Zeitpunkt der Klärung der Grundstücksfragen keine öffentlichkeitswirksame Information zum neuen Standort erfolgt“, so die Information. Ein genauere Termin für die Bekanntgabe des Standortes stehe noch nicht fest.

Für eine „zügige Aufhebung des Bebauungsplanes“ hat sich darum Pieschens SPD-Stadtrat Stefan Engel ausgesprochen. „Der Standort am Alten Leipziger Bahnhof hätte dem Pieschener Einzelhandel massiv geschadet“, sagte er und drückte die Hoffnung aus, dass auf dem Areal nun ein „durchmischtes Quartier mit Grünflächen, Wohnraum und Kultur entsteht“.

Mit ihren Beschlusskontrollen informiert die Stadtverwaltung die Stadträte in regelmäßigen Abständen über die Umsetzung von Beschlüssen, die der Stadtrat gefasst hat. In diesem Fall geht es um den Interfraktionellen Antrag „Alternativen Standort für das Unternehmen Globus suchen“, der am 1. Juni 2017 verabschiedet worden war. Dieser setzte dem Oberbürgermeister eine Frist bis zum 31.12.2017. Doch es dauerte viel länger.
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Nachrichten und Hintergründe zur Ansiedlung von Globus [/box]

Im Verlauf der folgenden Monate hatte die Stadtverwaltung dem Einzelhandelskonzern aus dem Saarland 18 verschiedene Standorte vorgeschlagen. Sie fanden keine Zustimmung. Als Begründung wurde das zu hohe Risiko des Grundstückserwerbs ohne rechtliche Sicherheit für die Umsetzung der Ansiedlung eines SB-Marktes genannt. Statt dessen hatte das Unternehmen dann im September 2018 angekündigt, für den Standort Alter Leipziger Bahnhof ein neues Konzept mit einer verringerten Verkaufsfläche von 5.500 bis 6.500 Quadratmetern vorzulegen und auch den Bau von Wohnungen zu prüfen.

Seit März 2014 wird um den Standort gerungen. Damals hatte der Stadtrat mit 32 zu 30 Stimmen den Bebauungsplan 6007 für die Ansiedlung eines Globus SB Markes auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs verabschiedet. Die Eigentümer von Grundstücken in der Nachbarschaft, so die Procom Invest aus Hamburg und die SIV Immobilien (Kaufland) hatten ihre Wohnungsbaupläne davon abhängig gemacht, dass der Bau eines SB Marktes verhindert wird. In den letzten Tagen hatten auf dem Grundstück der Procom Invest erste Rodungsarbeiten stattgefunden.

Im Streit um Standort für Globus SB-Markt gibt es angeblich neuen Standort

In die Suche nach einem alternativen Grundstück für einen Globus SB-Markt soll neue Bewegung gekommen sein. Nach einem Bericht auf der DNN-Onlineplattform werde intensiv über eine Fläche an der Bremer Straße verhandelt. Quelle für die Information ist eine Sprecherin des sächsischen Finanzministeriums. Sie habe entsprechende Gespräche bestätigt und wird mit den Worten zitiert „Wir sehen uns auf einem guten Weg“.

Weder von der Stadt noch von Globus werden die Informationen derzeit bestätigt. Das Areal an der Bremer Straße ist Eigentum des Freistaates Sachsen und wird seit 2015 als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber genutzt. Gestartet als Zeltstadt stehen hier inzwischen Leichtbauhallen. Die Einrichtung bietet Unterkunft für bis zu 500 Personen und wird von European Home Care betrieben.

Ende September 2018 hatte sich der Einzelhandelskonzern aus Saarbrücken von der Suche nach Alternativstandorten für seine Pläne am Alten Leipziger Bahnhof verabschiedet und angekündigt, „komplett neu zu denken“. So wurde unter anderem erwogen, Einzelhandelsfläche und Wohnen miteinander zu kombinieren.

Zuvor hatte die Führung der Globus Holding auch die letzten beiden von 18 Vorschlägen der Stadt zu alternativen Standorten für einen Globus SB-Markt abgelehnt. Als Begründung wurde das zu hohe Risiko des Grundstückserwerbs ohne rechtliche Sicherheit für die Umsetzung der Ansiedlung eines SB-Marktes genannt. Statt dessen kündigte das Unternehmen an, für den Standort Alter Leipziger Bahnhof ein neues Konzept mit einer verringerten Verkaufsfläche von 5.500 bis 6.500 Quadratmetern vorzulegen und auch den Bau von Wohnungen zu prüfen.
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Die Nachricht, dass nun doch wieder Bewegung in den Standortstreit gekommen sei, stieß bei den Grünen im Stadtrat auf Zustimmung. Deren Fraktionschef Thomas Löser begrüßte, „dass durch Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain weiter ernsthaft nach alternativen Standorten für das Unternehmen Globus gesucht wird“. Obwohl die Grünen weiterhin die Notwendigkeit eines Einzelhandelsstandortes für Dresden in dieser Größenordnung anzweifeln, würde in der Bremer Straße – im Gegensatz zum Alten Leipziger Bahnhof – die kleinteilige Einzelhandelsstruktur nicht bedroht und die verkehrliche Anbindung wäre ebenfalls besser., fügte Löser hinzu und betonte. „Für die Leipziger Vorstadt ist dann der Weg frei für ein neues Stadtgebiet mit Wohnbebauung, Nutzung durch Kreativwirtschaft und kleinteiligem Gewerbe. Das wäre ein echter Meilenstein der Stadtentwicklung in Dresden.“ Linke-Fraktionschef André Schollbach ergänzte, es sei zu begrüßen, „wenn der Freistaat die Suche nach einem alternativen Globus-Standort unterstützt“.

Alter Leipziger Bahnhof: 1.000 Wohnungen statt 1.000 Parkplätze möglich – Studie räumt Zweifel aus dem Weg

Wohnungsbau am Alten Leipziger Bahnhof ist möglich. Bis zu 1.000 Wohnungen könnten dort unter Berücksichtigung aller Auflagen errichtet werden. Auf 75 Prozent der Fläche wäre eine Mischbebauung möglich. Dieses Ergebnis ist den Mitglieder des Stadtratsausschusses für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften im nichtöffentlichen Teil der Beratung Ende März präsentiert worden. Allerdings liegen die Ergebnisse der planerischen Studie zu Potentialen und Restriktionen für das Areal am Alten Leipziger Bahnhof noch nicht schriftlich vor. Es habe eine mündliche Information gegeben, erklärten mehrere Ausschussmitglieder übereinstimmend. Auch die Allianz für Dresden hatte gestern in einer Pressemitteilung darüber berichtet und Ausschussmitlgied Thomas Löser (Bündnis 90/Die Grünen) mit der Bemerkung zitiert. „Das Gebiet kann ganz normal als Wohnstandort entwickelt werden. Die Stadtvertreter sprachen sogar von um die 1.000 möglichen Wohnungen.“

„Spätestens jetzt müsste das ewige Hin und Her beim Alten Leipziger Bahnhof ein Ende finden“, reagierte Uwe Sochor vom Frankreichladen savoir vivre in Pieschen und Mitglied der Allianz für Dresden. „Es liegen alle Fakten auf dem Tisch. Elf Gutachten zum Globus-Vorhaben, davon zehn ablehnend, und nun die Machbarkeitsanalyse der Stadtverwaltung. Die Linke im Stadtrat hat nun wirklich keinen Grund mehr, die Aufhebung des Globus-Bebauungsplanes weiter aufzuhalten“, fügte er hinzu.

Auch Vincent Drews, der für die SPD im Bauausschuss sitzt, erklärte auf Anfrage, dass die Botschaft des Expertenberichtes klar gewesen sei. „Das ist ein begrüßenswertes Ergebnis“, sagte er. Drews hofft, dass die Linke-Fraktion im Stadtrat „sich nun auch bald offiziell zur Aufhebung des Globus-B-Planes und der Zukunft am Alten Leipziger Bahnhof positioniert“.

Derzeit befindet sich der Entwurf des Masterplanes 786.1 in der Beratung der Stadtratsausschüsse. Hier müssen sich die Stadträte zwischen einer Variante mit und einer ohne Globus entscheiden. Am 23. April tagt der Umweltausschuss, am 25. April könnte dann schon der federführende Bauausschuss die Weichen für das Masterplangebiet stellen und sich für die Variante ohne Globus entscheiden. Damit würde die Stadt einen attraktiven Wohnungsbaustandort gewinnen, meinte Drews. Er hoffe zudem, dass die Suche nach einem alternativen Stadtort für eine Globus-Ansiedlung in Dresden erfolgreich verlaufe.

Globus sichert Reste des historischen Lokschuppens vor endgültigem Verfall

Die Globus Warenholding hat ein weiteres historische Gebäude auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs vor dem endgültigen Verfall geschützt. Nach dem Empfangsgebäude ist nun auch der ehemalige Lokschuppen mit einem Schutzdach versehen worden. Bereits im Sommer 2017 hatten Bauarbeiter über dem Empfangsgebäude ein Notdach errichtet.

Wie die Allianz für Dresden mitteilte, habe sie wiederholt beim Denkmalamt der Stadt einen angemessenen Schutz der denkmalgeschützten Gebäude angemahnt. Am Gründonnerstag sei der Schutz des 1847 errichteten Lokschuppens vom Amt für Kultur und Denkmalschutz abgenommen worden. „Mit dem Schutzdach über den historischen Lokschuppen kommt Globus nun endlich vollständig seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach“, erklärt Johannes Eikerling von der Planungs- und Sanierungsträgergesellschaft Dresden Pieschen mbH und Mitglied der Allianz für Dresden. „Für die Bahnhofsgebäude war das höchste Eisenbahn. Auch wenn vom Lokschuppen nur noch die Außenmauern stehen, so sorgt das Schutzdach nun dafür, dass die Substanz des Gebäudes für einen späteren Wiederaufbau und eine neue Nutzung gesichert ist“, so Eikerling weiter.
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Zum Thema:

>> Nachrichten, Berichte und Hintergründe zur Debatte um den Globus SB-Markt

>> Karten und Lagepläne im Masterplan-Gebiet

>> Allianz für Dresden[/box]

Globus will auf dem Areal des historischen Alten Leipziger Bahnhofs einen SB-Markt mit 8.800 Quadratmeter Verkaufsfläche, einer vorgelagerten Mall mit noch einmal rund 3.000 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie Parkflächen für über 1.000 Autos errichten. Das Vorhaben hat viele Gegner. Neben der Allianz für Dresden sind auch die SPD und die Grünen dagegen. In der Linken-Stadtratsfraktion wird noch um eine einheitliche Position gerungen. Für weitere Klarheit soll die Suche nach einem alternativen Standort für den SB-Markt und eine Studie zu den Wohnungsbau-Potenzialen am Alten Leipziger Bahnhof sorgen.

Globus-Planer Enrico Wilde: Kleinflächenkonzept fridel funktioniert nur mit SB-Markt

Die Globus-Gruppe hält an ihren Plänen für einen großen SB-Markt am Alten Leipziger Bahnhof fest. Das vom Konzern entwickelte Konzept für kleine Nahversorgungsmärkte funtioniere nur in Verbindung mit einem großen Standort, erwiderte Enrico Wilde, Bereichsleiter Standortplanung bei Globus, auf neueste Argumente der Ansiedlungsgegner.
Enrico Wilde
Enrico Wilde ist Bereichsleiter Standortplanung bei der Globus-Gruppe. Foto: W. Schenk
„Globus hat Alternativen“, hatte Architekt Jens Heinrich Zander, Mitglied der Allianz für Dresden, erklärt. Dass die Globus-Gruppe auch kleine Nahversorgungsmärkte betreiben könne, zeige der im April 2015 in Saarbrücken eröffnete fridel-Markt. „Dies ist ein Lebensmittelmarkt mit integriertem Restaurant und hat insgesamt 800 Quadratmeter Verkaufsfläche, wobei die Gaststätte allein 350 Quadratmeter einnimmt“, betonte Zander. Kombiniert mit neuen Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäuden ließe sich ein gesundes kleinteiliges Stadtviertel etablieren, welches zudem Vorhandenes wie die Konzert- und Partymeile rund um die Gothaer Straße und die bereits jetzt vorhandene Wohnnutzung in den alten Zollgebäuden wunderbar integrieren könne, sagte Zander.
Es sei richtig, so Globus-Standortplaner Wilde auf Anfrage, dass die Gruppe ständig über neue und zusätzliche Angebote nachdenke. Dies sei mit langen Entwicklungszeiten und erheblichen Investitionen verbunden.
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Das Kleinflächenkonzept fridel markt&restaurant ist in Saarbrücken in die Pilotphase gestartet. Foto: Globus
So sei im Frühjahr 2015 in Saarbrücken das Kleinflächenkonzept  fridel markt&restaurant in seine Pilotphase gestartet.  „Fridel ist in Innenstadtlage der ideale Alltagsbegleiter für berufstätige Menschen. Mit seiner Kombination aus Schauküche, Marktplatz der Frische und Drive Abholstation stehen Schnelligkeit und Frische bei fridel an erster Stelle“, erläutert Wilde das Konzept. Aber, so stellte er gleichzeitig klar, als der „neue Kleine von Globus“ arbeite fridel eng mit dem nahe gelegenen SB-Warenhaus zusammen und beziehe sämtliche Frischwaren von dort.
Als weiteres Übungsfeld nannte Wilde das Online-Angebot Globus-Drive. „Hier können unsere Kunden bequem von zuhause oder unterwegs ihren Einkauf zusammenstellen und diesen an einer Abholstation abholen“, beschreibt Wilde die Idee, die derzeit im Saarland die Testphase durchläuft. Ziel sei es,  passende Angebote für die Kunden und sich verändernde Einkaufsgewohnheiten zu schaffen. Erst wenn diese Konzepte ausgereift seien, könnte man sie auch in Dresden anbieten“, sagte Wilde.
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Gebäude, wie das alte Portal, und Anlage verfallen. Foto: W. Schenk
Der Standort am Alten Leipziger Bahnhof sei – in einiger Entfernung vom Zentrum – unabdingbar als Vollsortimenter mit umfangreicher Eigenproduktion. Globus könne den übermäßig vom Discounter geprägten Dresdner Handel aufwerten und bereichern. „Gleichzeitig spricht die Zentrumsentfernung gegen unsere Kleinflächenkonzept fridel, das für eine Innenstadtlage entwickelt wird“, stellte Wilde klar.
Die Globus-Befürworter argumentieren auch mit den Plänen des Konzern, alte Gebäude und Anlagen denkmalgerecht zu sanieren und die Bahnbögen wieder nutzbar zu machen. Der drohende Verfall, so Architekt Zander, „kann kein Argument für einen Globus-Markt sein“. „Eigentum und Denkmal verpflichten“, sagte Zander. Wenn ein Zerfall drohe, sollte die Stadt den Globus-Konzern endlich auffordern, die Gebäude des Alten Leipziger Bahnhofs einzuhausen, um sie so besser zu sichern. „Wir verstehen nicht, warum die Stadt Dresden hier nicht mehr tut. Sonst ist sie bei Anweisungen zur Sicherung von denkmalgeschützten Gebäuden nicht so zurückhaltend“, kritisierte der Architekt.
Da es zur Ansiedlung von Globus widersprüchliche Beschlüsse gibt, will das Rathaus bei der Überarbeitung des Masterplanes Leipziger Vorstadt zwei Varianten präsentieren – mit und ohne Globus. Das hatte Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain im Interview mit dem Onlinejournal menschen-in-dresden.de angekündigt. Auch an seiner persönlichen Haltung ließ er keinen Zweifel. „Ein solch großer Gemischtwarenladen gehört nicht in das Stadtzentrum“, hatte er erklärt. Der Januar-Termin für die Informationsveranstaltung zum Masterplan Leipziger Vorstadt war abgesagt worden. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.

Bauausschuss stimmt für Ansiedlung von Globus am Alten Leipziger Bahnhof

Die umstrittene Ansiedlung eines Globus SB-Marktes auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofes hat heute Abend im Bauausschuss des Stadtrates eine wichtige Hürde genommen. Mit 5 gegen 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen stimmte der Ausschuss dem vorhabenbezogenen Bebauuungsplan zu. Die Verwaltung kann die weiteren Planungsschritte, einschließlich der Offenlegung, aber noch nicht einleiten, da der Bebauungsplan in den Stadtrat gehoben wurde. Dafür votierten alle Bauauschuss-Mitglieder mit Ausnahme der CDU.

Der Beratungssaal in der 5. Etage des Rathauses war proppevoll, einige Gäste saßen auf Tischen. Natürlich war Enrico Wilde, Bereichsleiter Standortplanung Ost, da zusammen mit den Mitarbeitern des Planungsbüros Kretschmar und Dr. Borchers, die das Vorhaben später präsentierten. Auf den Gästestühlen drängte sich neben der Presse auch die betroffene Konkurrenz  – Rewe, Edeka, Kaufland und Konsum.

Der Bauauschuss nahm sich beim Tagesordnungspunkt 5 Zeit für eine ausführliche Präsentation des Bauvorhabens und die vielen Nachfragen.

Die Fakten sind allen Beteiligten bekannt. Auf dem Areal sollen nicht nur ein Globus SB-Markt entstehen, sondern auch Gastronomie auf 500 Quadratmetern und Angebote an viele Einzelhändler, die sich in den umliegenden sanierten Gebäuden des ehemaligen Bahnhofsgeländes ansiedeln sollen. Entsprechende Gespräche führt Globus bereits – sowohl in der Neustadt als auch in Pieschen. Auch in den Bahnbögen soll sich Einzelhandel einmieten.  Zwei Bögen will der Investor öffnen und einen Durchgang in Richtung Bahnhof Neustadt schaffen.

Von den geplanten 1000 Parkplätzen befinden sich 582 auf dem Dach unter den 10.000 Quadratmetern Solardach, mit dessen Kollektoren der Energiebedarf des Areals zu einem Fünftel gedeckt werden soll.

Die zunehmende Verkehrsbelastung wurde weder vom Investor noch von den Planern dementiert. Allerdings wurde eingewandt, dass jede andere Entwicklung des Gebietes die gleichen Folgen hätte.

So blieben am Ende die politischen Statements, mit denen jeder noch einmal seine Prioritäten für die gesamte Stadtplanung deutlich machte. Hans-Joachim Brauns erklärte für die CDU-Stadtratsfraktion, dass die Gefahr der Umverteilung von Umsatz schon da sei. Sie treffe aber nicht die kleinen Einzelhändler, sondern die Vollsortimenter wie Rewe, Kaufland, Edeka und ihre Ableger. Auch in der CDU-Fraktion hätte man gestritten um das Thema. Aber wenn Globus kommt, „kommt auch mehr Wettbewerb mit den wenigen Platzhirschen in Dresden. Das ist gut für die Verbraucher“, so Brauns.

Die Linken mit Tilo Wirtz und Kristin Kaufmann wollten sich noch nicht festlegen. Es gebe keine homogene Meinung, sagte Wirtz. Man könne das Projekt nicht einfach vom Tisch wischen. Kaufmann wies vor allem darauf hin, dass die ursprünglichen Pläne, in diesem Gebiet Kultur zu entwickeln, nicht aufgehen würden. Ein zweites „subventioniertes Kraftwerk Mitte kann sich die Stadt nicht leisten“, sagte sie. Die Fraktion werde bis zur Abstimmung im Stadtrat weiter prüfen.

Matteo Böhme verkündete, dass die Meinungsbildung bei den Liberalen noch nicht abgeschlossen sei. Linke und FDP hatten sich bei der Abstimmung enthalten.

Grüne und SPD machten keinen Hehl aus ihrer Ablehnung für das Projekt. Thomas Löser, Grünen-Fraktionschef im Stadtrat sagte: „Das ist ein Geschäftsmodell, das an die Autobahn gehört. Es setzt auf Autoverkehr und hat in der Innenstadt nichts zu suchen.“ Er gestand dem Investor viel Mühe und Kompromissbereitschaft bei seinen Planungen zu. Das reiche jedoch nicht, „um die Kröte Globus zu schlucken. Das lehnen wir ab.“ Für Axel Bergmann, SPD, sprechen die größere Verkehrsbelastung, die negativen Auswirkungen auf die kleinen Einzelhändler und die Vollsortimenter – „da geht wohnortnaher Handel verloren“ – und die völlig andere Ausrichtung der ursprünglichen Planung für dieses Gebiet gegen eine Ansiedlung von Globus.

Franz-Josef Fischer von der Fraktion Freie Bürger hatte nie seine Zustimmung für das Projekt verhehlt. Er kann jedoch nicht für die anderen drei Mitglieder sprechen – es gibt keinen Fraktionszwang bei der Abstimmung.

Auf dem Areal am Alten Leipziger Bahnhof haben die Gutachter, auch das gehört selbstverständlich dazu, neben andere Tieren auch die Zauneidechsen gezählt. 187 wurden gesehen, auf insgesamt 560 Tiere wird der Bestand geschätzt. Kommt Globus, müssen die Eidechsen umziehen. Ihr künftiges Quartier wäre dann in Lockwitz.

Am Anfang der Beratung zeigte das Planungsbüro das Gelände aus der Mulitkopter-Perspektive:

 

Globus-Ansiedlung kommt in den Stadtrat – Handelsverband legt zweites Gutachten vor

Die Globus-Ansiedlung kommt in den Stadtrat. Auf der für kommenden Mittwoch einberufenen Sondersitzung des Bauausschusses wollen Grüne und SPD entsprechende Anträge stellen. Da beide Fraktionen gemeinsam die notwendigen drei Stimmen im Bauausschuss haben, gilt die Behandlung des Bebauungsplanes im Stadtrat als sicher.

Die Stadtverwaltung hatte gestern die Beratung zur Globus-Ansiedlung auf dem Gelände des alten Leipziger Bahnhofs beschleunigt und eine Sondersitzung des Bauausschusses für kommenden Mittwoch einberufen. Die nächste reguläre Sitzung wäre erst im Februar gewesen. Der Bauausschuss ist normalerweise das letzte und beschlussfassende Gremium in der Beratungsfolge. Zuvor hatten die Ortsbeiräte Neustadt und Pieschen sowie gestern der Wirtschaftsausschuss die Ansiedlung debattiert. In allen drei Gremien, die beratenden Charakter haben, wurde der Entwurf abgelehnt.

„Wir sind uns einig, dass wir den Bebauungsplan im Stadtrat diskutieren wollen“, erklärte Thomas Löser, Fraktionsvorsitzender der Grünen und einer der beiden Grünen-Vertreter im Bauausschuss. Auch Axel Bergmann, für die SPD im Bauausschuss, wird einen entsprechenden Antrag stellen. Damit sind die erforderlichen drei Stimmen sicher, die im Ausschuss die Stadtrats-Behandlung beantragen müssen.

Indessen hat der Handelsverband Sachsen, der landesweit rund 40.000 Unternehmen vertritt, gestern ein zweites Gutachten zu den Ansiedlungsfolgen an die Stadtverwaltung und alle Stadtratsfraktionen geschickt. Das Gutachten von Dr. Lademann & Partner aus Hamburg stelle fest, dass die Globus-Ansiedlung „gravierende funktionsgefährdende Beeinträchtigungen im Zentrensystem der Stadt Dresden hervorrufen würde. Durch die Ansiedlung wird es zu einer nachhaltigen Schädigung der nahegelegenen zentralen Versorgungsbereiche in der Dresdner Neustadt sowie auch in der Leipziger/Oschatzer Straße kommen“, heißt es in dem Anschreiben des Handelsverbandes. Hauptgeschäftsführer Eberhard Lucas zeigt sich zudem verwundert, dass das vom Handelsverband im Februar 2012 an die Stadt übermittelte Gutachten des Dresdner Ingenieurbüros mund, gille & partner in den Begründungsdokumenten überhaupt keine Berücksichtigung erfahren habe. „Wir fordern, dass beide Gutachten jetzt in die Entscheidungsfindung einbezogen werden“, erklärte Lucas.

Während die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD die Globus-Ansiedlung klar ablehnen, ist bei der Bürgerfraktion die Lage noch unklar. Christoph Hille, Vorsitzender der Bürgerfraktion, hatte im Wirtschaftsausschuss zwar gegen die Vorlage gestimmt, die Fraktion habe sich aber „noch nicht abschließend verständigt“, sagte Fraktionsgeschäftsführerin Corinna Jordan.

„Wir sehen die Globus-Ansiedlung kritisch“, sagte Linke-Fraktionschef André Schollbach und verwies auf die gemeinsam mit SPD, Grünen und Bürgerfraktion erfolgte Ablehnung im Wirtschaftsausschuss. Sollte der Bauausschuss die Vorlage in den Stadtrat heben, werde die Fraktion ihr Vorgehen im Stadtrat beraten.

Ortsbeirat Pieschen bleibt bei seiner Ablehnung der Ansiedlung von Globus

Der Ortsbeirat Pieschen hat sich heute abend mit klarer Mehrheit gegen die Ansiedlung eines Globus SB-Marktes am alten Leipziger Bahnhof ausgesprochen. „Wir hatten eine sehr sachliche Diskussion. Das Projekt sieht gut aus. Aber für den Handel in Pieschen ist es unverträglich“, beschreibt Ortsbeirats-Vorsitzender Gottfried Ecke die Stimmung und den Verlauf der Debatte im Ortsbeirat. Zahlreiche Gäste, unter ihren Stadträte, Planungsbüros, Gutachter und ein Globus-Gesandter, hätten die Diskussion aufmerksam verfolgt.

Ein gleiches negatives Votum war im Dezember auch von den Mitgliedern im Ortbeirat Neustadt abgegeben worden. „Wir werden diese Voten der Ortsbeiräte ernst nehmen“, sagte Axel Bergmann, baupolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion. Seine Fraktion ist im Gegensatz zu CDU und FDP im Stadtrat ein klarer Gegner der Globus-Ansiedlung. Das Manko aller anderen Lösungen für diese Gegend bestehe darin, dass sie im Gegensatz zu Globus keine Angebote für die Sanierung des alten Leipziger Bahnhofes bieten würden, räumte Bergmann ein.

Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der Konsum Dresden in einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) gegen die Globus-Ansiedlung ausgesprochen. Ein Teil der Händler in der Umgebung würde Umsätze verlieren, andere ihr Geschäft ganz aufgeben müssen. Die Planungssicherheit der Investoren im Umfeld würde in Frage gestellt. Zwangsläufige Folgen der Globus-Ansiedlung wären  eine Reduzierung der Handelslandschaft und ein nachhaltiger Qualitätsverlust, erklärte Vorstandsvorsitzender Gunther Seifert und forderte die Oberbürgermeisterin auf, das Globus-Projekt zu verhindern.

Uwe Sochor sieht das genauso. Der Inhaber des Frankreichladens „savoir vivre“ ist Sprecher des Unternehmervereins Dresden – Pieschen e.V. Dem Argument, dass die Planungssicherheit in Frage gestellt würde, stimmt er voll zu. Wer hier in Pieschen in sein Geschäft investiert hat, erlebt vielleicht schon in wenigen Jahren das Ende. Ein so großer Markt wie Globus mit den zusätzlich geplanten Handelsflächen auf dem Gelände „saugt die Kaufkraft in einem großen Umfeld auf wie ein schwarzes Loch“, sagt Sochor. Er befürchtet, dass dem Aufschwung, den Pieschen in den letzten Jahren erlebt hat, der Wind aus den Segeln genommen wird. Die Aussicht, dass das vielfältige Kleingewerbe in Pieschen künftig Arbeitsplätze schaffen würde, könne man dann begraben.

Nachdem die Ortsbeiräte in der Neustadt und in Pieschen den Entwurf des Bebauungsplanes zur Ansiedlung von Globus abgelehnt haben, wird der Entwurf am 16. Januar im Wirtschaftsföderausschuss beraten und steht voraussichtlich am 5. Februar im Bauausschuss auf der Tagesordnung. Stimmen mindestens drei Stadträte im Bauausschuss für eine Behandlung im Stadtrat, könnte der Entwurf dort am 6. März diskutiert werden.