Stadtverwaltung will Puppenspieler vom August Theater aus dem Rathaus werfen

Mitten in der Corona-Krise will das Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung den Puppenspielern vom August Theater den Stuhl vor die Tür setzen. Weil sich die Pläne für die Sanierung des Rathauses Pieschen geändert haben, würden nun die Räume benötigt, in denen das Theater seit zehn Jahren seine Spielstätte hat. „Wir sind immer noch schockiert. Hier wird unsere Existenzgrundlage vernichtet“, reagierten Randi und Grigorij Kästner-Kubsch. Seit dem Frühjahr 2011 ist das Puppenspieler-Paar Mieter in der ehemalige Ratsherrenstube im Rathaus Pieschen. Jetzt sitzen sie in ihrem kleinen und mit historischen Möbeln gemütlich eingerichteten Theatercafé und versuchen, die Kehrtwende zu begreifen, mit der sie einige Tage zuvor konfrontiert wurden. „Wir haben zufällig von den geänderten Plänen erfahren, weil uns in der Woche vor Ostern eine Mitarbeiterin aus dem Amt für Wirtschaftsförderung angerufen hat“, schildert Grigorij Kästner-Kubsch die Geschichte. Auf ihre eigene Initiative hin habe es dann am 16. April ein Gespräch im Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung gegeben. „Ein schwarzer Tag für uns“, meinte das Ehepaar. „Uns wurde mitgeteilt, dass der Spielbetrieb in der Zeit der Baumaßnahmen im Rathaus nicht möglich ist. Außerdem erfuhren wir hier zum ersten Mal, dass das Rathaus nicht weiter als Spielstätte durch das August Theater genutzt werden kann“, erzählen die beiden. Noch bei der letzten Baubesprechung am 21. Januar 2020 hätte der zuständige Bauleiter erklärt. „Der Bestand des Theaters wird nicht angetastet.“

Was ist geschehen? Als die Pläne für die Sanierung des Rathauses Pieschen im April 2019 im Stadtbezirksbeirat Pieschen präsentiert wurden, erläuterte Eberhard Sieß, Abteilungsleiter im Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung, dass die Planung „für das gesamte Gebäude erfolgt sei und der Bereich des Theaters für eine spätere Nutzung des Bürgerbüros in Frage käme“. Dies würde aber erst dann umgesetzt werden, wenn die Theaterbetreiber ihren Mietvertrag kündigen würden. Christian Wintrich, Leiter des Stadtbezirksamtes, bekräftigte zudem: „Am Bestand des Theater wird nicht gerüttelt“.

Das geschlossene August Theater grüßt seine Zuschauer. Foto: W. Schenk

Das geschlossene August Theater grüßt seine Zuschauer. Foto: W. Schenk

Das sehen die Planer im Hochbau-Amt inzwischen anders. „Der Stadtbezirksbeirat wurde im vergangenen Jahr tatsächlich in dem Sinn informiert, dass das Rathaus Pieschen saniert wird und die Puppenbühne während der Bauarbeiten mit Einschränkungen im Haus bleiben und nach Abschluss der Bauarbeiten in ihrer Spielstätte weiterarbeiten kann. Das war seinerzeit der Planungsstand“, antwortete Rathaussprecher Karl Schuricht auf eine Anfrage des Onlinejournals Pieschen Aktuell. „Als alle Unterlagen vorlagen, hat sich aber herausgestellt, dass umgeplant werden muss. Mit der Umsetzung der Barrierefreiheit entfallen mehr Büroflächen in den oberen Stockwerken als ursprünglich gedacht. Deshalb müssen die Flächen im Erdgeschoss (gemeint sind die vom August Theater genutzten Flächen – Anmerkung des Autors) für das Bürgerbüro umgebaut werden. Damit können die notwendigen 10 neuen Arbeitsplätze für moderne bürgernahe Verwaltungsdienstleistungen geschaffen werden“, erläutert er dann die Gründe für die Umplanung.

Der Stadtbezirksbeirat hatte 2019 den Plänen unter der Maßgabe zugestimmt, dass das August Theater bleiben kann. „Der Stadtbezirksbeirat wird über die notwendigen Änderungen der Planung informiert“, heißt es lapidar auf dem Hochbauamt. Ein Mitspracherecht wird den Stadtbezirksbeiräten hier offensichtlich nicht mehr eingeräumt.

„Das Puppentheater ist wichtig für Pieschen. Hier leben viele junge Familien mit Kindern“, reagierte Heidi Geiler, Vorsitzende des Vereins Pro Pieschen und bis 2019 selbst Stadtbezirksbeirätin, auf den Rauswurf aus dem Rathaus. Im kommenden Jahr wollen die Puppenspieler hier ihr 10-jähriges Jubiläum in Pieschen feiern. „Es müssen Wege gesucht werden, das Theater hier zu erhalten“, forderte sie. Das Vorgehen der Verwaltung zeige „keinerlei Wertschätzung für die Arbeit des Theaters“, sagte Heidi Geiler. Das betreffe nicht nur die Entscheidung selbst, sondern besonders die Art der Kommunikation. Auch Thomas Bartsch vom Förderverein des August Theaters ist entsetzt. Die Puppenspieler hätten sich in den vergangenen zehn Jahren ein Stammpublikum aufgebaut. Eine Verpflanzung an einen anderen Standort sei defacto das Aus. „Erfahrungen besagen, dass es mindestens fünf Jahre dauert, um sich an einem neuen Platz zu etablieren“, sagte Bartsch.

Nachdem Randi und Grigorij Kästner-Kubsch am 16. April über das geplante Aus für ihre Spielstätte im Rathaus informiert worden waren, haben sie um einen Termin mit dem Leiter des Amtes für Hochbau und Immobilienverwaltung und dem Leiter des Kulturamtes gebeten. „Eine Kündigung des Mietvertrages wirft viele Fragen auf“, sagen die Puppenspieler. 6.000 Euro hätten damals die Formalitäten für die Umnutzung der Ratsherrenstuben in ein Theater gekostet. Rund 40.000 Euro seien dann in die Einbauten in die denkmalgeschützten Räume investiert worden. Wie andere Kulturbetriebe sei auch das Puppentheater dertzeit geschlossen. Randi Kästner-Kubsch betont. „Einen Neustart können wir uns finanziell gar nicht leisten.“

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